17.12.2011 Ilmenau – Parkcafé

Meine Güte. 42 Tage ohne einen Crayfish Ton. Unsere Letzte Mugge in Arnstadt liegt entsprechend zurück. Und weil wir alt, überarbeitet und probefaul sind, haben wir weder seitdem ein Instrument geschwungen noch ein Stimmband gezittert.

Trotzdem gehen wir frohgemut frisch ans Werk – Treffzeit 17:15 Uhr. Die Herren Schöne bleiben unter fadenscheinigen Begründungen dem Aufladevorgang fern. Wir drei aus dem Colt Seavers Team buckeln also die Boxen in altbekannter Art aufs Auto. Wegen plötzlich ausgemessener großer technischer Probleme an unseren (gebrauchten) tonnenschweren neuen Bassboxen dürfen wir heute wieder unsere (gebrauchten) doch recht leichteren alten Bassboxen mitnehmen. Falls was nicht funktioniert müssen wir aber doch noch ein Paar der (gebrauchten) tonnenschweren neuen Bassboxen mit aufladen.
Die Fahrt nach Ilmenau geht diesmal leichter als letztes Mal. Ich (Colt) steuere den Wagen selbstbewusst und zielsicher durch die diesmal schneefreie Gegend. Selbst F (Jody) hat gute Laune, weil er heut nicht heimwärts fahren muss. Der Frisör (Howie) sagt nicht viel und raucht.
In Ilmenau – Ankunft 19:00 Uhr wie geplant – läuft alles wie am Schnürchen. Wir kennen uns ja hier mittlerweile aus. Und wie üblich plagt uns die Demenz. Bei der letzten Mugge hatten wir (eigentlich der F, aber das klingt bei dem immer so als wären alle anderen Schuld) also hatten wir des Fs Zubehörkoffer vergessen. Weil der noch im Proberaum stand. Und weil wir nun seitdem nicht mehr im Proberaum waren, haben wieder WIR (wie gesagt, eigentlich der F, aber das klingt bei dem immer so als wären alle anderen Schuld) bei dieser Mugge wieder den gleichen Koffer vergessen. Darüber hinaus haben wir (das führe ich jetzt hier nicht weiter aus, sonst schmeißt mich einer aus der Band dessen Name nur aus einem Buchstaben besteht) das Stativ für die LED-Lichtanlage vergessen.
Nun ja. Der wahre Künstler zeigt sich in der Kunst des Improvisierens. Das kömmer. Und nach jahrzehntelanger Übung solcher Situationen ist das Schöne daran, daß wir zusammen drüber lachen und dann konstruktiv nach einer Lösung suchen. Ja, das klingt jetzt total bescheuert. Aber denkt mal drüber nach, abends im Bett zum Beispiel. Da steckt viel Philosophie drin.
Wir knüppeln die LED-Anlage mit ähäm Gepäckspannern an vorhandene Fixpunkte an der Decke und kommen klar. Schwierig bleibt dabei der Stunt von mir (Colt), balancierend auf einem Barhocker, um die Anschlüsse anzuschließen. Ihr könnt das leicht zu Hause nachüben. Stellt einen Barhocker mitten in den Raum, steigt erst auf die Sprossen, dann weiter hoch, bis ihr auf der Sitzfläche steht und an die Decke rankommt. Mitten im Zimmer natürlich. Wenn irgendwo was zum Festhalten ist, ist es ja keine Kunst. Sowas muss man nämlich als Musiker dauernd machen. Weil meist keine Leiter erreichbar ist. Und die Herren Mitmusikanten haben ja immer ausgerechnet in dem Moment irgendwelche Kabel auseinander- oder zusammenzutüdeln oder so. Also bleibt dieser Stunt am blöden Sänger hängen, der ja bloß ein Mikrofon „aufbauen“ muss (zugegeben, der Aufwand hält sich in Grenzen).
Irgendwann hängt das Ding. Sieht zwar blöd aus, fällt aber keinem auf. Die Bassboxen (leichter, alt, gebraucht) machen nicht den Schub wie erwartet, trotz neuer Ansteuerung. Egal. Plangemäß sind wir trotz technischer Experimente und vergessenen Krams vor 21 Uhr fertsch mit allem und können – ähm – was Essen? Nuja, der Rost steht inzwischen da. Draußen im Dezember. Man hantiert auch schon daran. Es wird eine typische zünftige Thüringer Bratsituation zelebriert. Wir schließen schnell zur Sicherheit Kontakt mit dem Personal. „Du bist der Brater?“ „Ja. Ich bin der Brater. Eigentlich bin ich Schlagzeuger. Ihr seid die Band? Was machst Du in der Band?“ „Ich bin der Schlagzeuger.“ Dazu der F: „Eigentlich ist er Brater.“
Das Bratgut erregt unsere Aufmerksamkeit. Die Brätel sehen aus wie bei uns zu Hause. Aber die WÜRSTE!?!? Die sind so dünn wie ein magerer Zeigefinger eines Mannes. Bei uns zu Hause sind die eher so dick wie – ein, ein äh, ein, eine Nase. Aber wir probieren jeder eine. Und die schmecken wirklich gut! Völlig anders als bei uns zu Hause, aber wirklich gut. Das bringt uns zu einer nachdenklichen Diskussion, über die Eigenheiten von regional typischen Gerichten wie Thüringer Rostbratwürsten, wie diese doch trotz recht kleiner Entfernungen von etwa 100 km voneinander unterscheidbar sind, trotzdem regional geliebt, gefeiert, regelrecht zelebriert werden. Wir haben dann noch gespielt und sind nach Hause gefahren.


Na was? Das war das Tagebuch! Was willst Du noch hier?


Iiiiiiiiiiist ja schon gut. Sabbel ich halt weiter. Die Mugge beginnt und ist für uns einerseits gekennzeichnet von Erfrischung – weil lange nicht gemacht. Andererseits von völlig dämlichen Fehlern – weil lange nicht gemacht. Aber das macht nichts. Darum geht es uns ja nicht. Unser Ziel ist nicht die CD-Version, sondern wir wollen mit euch eine Party feiern. Klar sollt ihr mit „Augen Zu“ zumindest an AC/DC denken. Aber das klappt.
Wir wursteln uns durch drei Runden je ungefähr 15 Songs. Plus Zugaben. Der Raum ist locker besetzt (genaue Zahlen geben wir wegen Repressalien von GEMA und Finanzamt nie bekannt). Und das bis nach 2 Uhr, alle Achtung! Meist gibt der größte Teil des Publikums früher auf als die Band (was wenn ichs mir recht überlege nicht für die Band spricht). Hihi. Das ist so ähnlich wie bei Spinal Tap… aber das Zitat bring ich jetzt nicht auch noch.
Offensichtlich sind wirklich hauptsächlich echte AC/DC Auskenner anwesend. Selbst seltene und vergessene Perlen werden herzlich begrüßt. Und es ergeben sich in den Pausen auch wieder einige Fachgespräche. Uns macht das einen Riesenspaß.
Für uns ist es eine Aufgabe, eine Basis für uns in Ilmenau zu schaffen. Das bedeutet, einen Club in dem wir regelmäßig, also zB einmal im Jahr spielen können. „Schaffen“ heißt, daß so viele Leute kommen, daß alles bezahlt werden kann. Bisher wächst es sacht, aber viele Anwesende sind keine Ilmenauer, sondern fahren uns hinterher. Ich frage hier ganz klar und laut in den Raum – Gräfinau-Angstedt – wo wart ihr?????
Beim Programm gibt es noch zwei Wermutstropfen. Der erste – unsere Geldscheine sind alle. Die neuen sind in Bearbeitung. Diesmal bin ich der Übeltäter (bei den T-Shirts ist es der Frisör). Ich muss noch den Wasserleicheneffekt entfernen (der aus Versehen auf den alten Dollars drauf war) und die Druckdaten fertigmachen. Aber ich hatte in den letzten drei Wochen vor Weihnachten sowas von gar keine Zeit wegen Arbeit. Der zweite Wermutstropfen ist für die meisten Leute kein Wermutstropfen sondern ein leckerer Tropfen Cognac Chateau de Fontpinot oder so. Der Dudelsack hat nämlich Stimmprobleme. Wir haben bisher versucht, das Gerät auf songtaugliche Stimmung zu bringen (Details gebe ich aus Datenschutzgründen nicht raus), müssen jedoch an der Natur scheitern und die Gitarren-Grifftabelle umschreiben. Weil das noch nicht passiert ist (siehe Eingangs-Fleißigkeits-Beschreibung) gibt’s heut auch keinen Dudelsack. Cognac de Fontpinot für’s Volk.
Letztendlich macht alles Spaß, die ganze Zeit, und wir spielen als Allerletzes noch „Let There Be Rock“. Keine Ahnung wie spät es war. Zuletzt ist es wieder schön, daß es diesmal die leichten Bass-Boxen sind. Und ich muss – nach 17 Bier – trotzdem noch den Colt Seavers Stunt auf dem Barhocker machen, um die Lichtanlage runterzukriegen (siehe Anfangs).

Eigentlich hatten wir noch geplant, zum rituellen Rührei-Frühstück einzufallen in Eichelborn. Aber das wird einstimmig aus Gründen der Müdigkeit gestrichen. Ist das die Schwelle zum Alt-Werden?