07.11.2009 Erfurt, Gewerkschaftshaus

Wir freun uns schon ewig auf eine schöne Mugge mit Tumbling Dice, einer altgedienten Rolling Stones Coverband aus Apolda. Der Vorverkauf für diese Doppelpackung läuft recht vielversprechend. Nur ich hab Bammel, weil ich schon zum dritten Mal dieses Jahr erkältet bin und noch gestern keinen Ton singen konnte.

Hab zwei Tage lang Salbei-Tee gegurgelt und Panthenol gegessen. Nich sehr lecker, echt. Aber wir sind guten Mutes als wir 18 Uhr am Gewerkschaftshaus ankommen. Ein sehr schöner, eigentlich schon zu nobler Saal. Der F kommt heute ersma nicht mit. Der ruft mich eine Stunde später an und lässt sich an der Autobahn auflesen. Er ist nämlich den ganzen Tag mit seinem Blasorchester unterwegs gewesen, zur Einstufung desselben. An der Autobahn treffe ich einen hell erleuchteten, grölenden und singenden Reisebus in dem die Flaschen kreisen. Heraus kommt ein F, der eine ziemlich schwere Zunge hat.

Als wir zwei an den Ort des Geschehens zurückkommen, sind Tumbling Dice gerade mit Soundcheck fertig und wir sind dran. Geht alles recht schnell und reibungslos, gute Technikfirma. Das ist überhaupt sehr angenehm alles hier. Der Backstagebereich ist eine große, bequeme Wohnung, das Catering ist super, der Veranstalter Reiner ein supernetter Typ, der ein alter Hase im Geschäft ist und so einiges erlebt hat. Der betütelte F spricht nach dem Soundcheck noch sehr umständlich den gerade sehr beschäftigten Technikmann an und bemüht sich sehr kompliziert diesem klarzumachen, daß wir sehr unkompliziert sind. Ich hol ihn da weg.

Mit Tumbling Dice haben wir eine sehr gemütliche Runde Backstage, die kollektiv auf ihren Auftritt wartet. Es werden herrliche alte Geschichten aufgetischt und aufgewärmt. Ich will gar nicht verhehlen, daß auch Bier kreist. Ab und zu schaut mal einer unten im Saal vorbei, und die Rückmeldungen über die wachsende Füllung sind recht positiv. Man muss sagen, daß wir selber erst einmal, und das vor langen Jahren, im Erfurter Zentrum gespielt haben. Und Tumbling Dice waren wohl vor 5 Jahren das letzte Mal hier(??). Es war also nicht gut abzusehen, wieviele Leute kommen. Umso schöner, daß wir dann im Publikum sehr viele bekannte Gesichter sehen, die etliche Fahrstrecke in Kauf genommen haben, um zu kommen. Danke!!

Irgendwann ist dann Mugge. Für mich läuft alles ab wie ein Film. Es hat kaum angefangen und ist schon vorbei. Ich hab inzwischen völliges Fieber und stehe neben mir. F, mach jetzt keine blöde Klammerbemerkung. Es war nicht das Bier. Das trink ich sonst auch, seit 17 Jahren. Der Gesang geht nicht so richtig, ich quäle mich ziemlich. Das ist total bescheuert, daß das ausgerechnet an einem Ort passiert, wo wir neu sind und das Publikum uns nicht kennt. Sonst hätte ich mich vielleicht noch glaubhaft entschuldigen können.

Ich weiß nicht so recht, wie’s dann tatsächlich lief. Es ging wohl. Wir haben alle – glaub ich – nicht unsere Glanzleistung hingelegt. Jetzt können wir erstmal den Auftritt von Tumbling Dice genießen. Im Publikum treffe ich noch Bernadette (Geige bei Nemo). Die wollte uns mal sehen und kam pünktlich als wir fertig waren. Tumbling Dice machen dann eine sehr schöne Stones-Show. Tolle Ausstrahlung und perfekte Musiker.

Bei der Abrechnung später am Schluss des Abends hab ich irgendwie das Gefühl ich sitze in einem Zug und es rauscht in meinen Ohren alles vorbei. Der Veranstalter Reiner sitzt da, der Stefan von Tumbling Dice sitzt da, irgend etwas von mir sitzt da, aber ich sitze gar nicht hier. Am nächsten Tag bin ich dann auch nicht sehr viel aus dem Bett gekommen, nur gepennt. Gar nicht meine Art. Heute gings so halbwegs wieder. Aber krank ist wohl krank und fordert Tribut.

Im Publikum zwischen den abreisenden Menschen sprechen mich noch zwei Ehepaare auf Englisch an, die hier zu Besuch sind, und bedanken sich in aller Form für unseren Auftritt. Ich sage Ihnen, daß ich noch viel mehr Bammel gehabt hätte wegen meiner Texte, hätt ich gewußt, daß native speakers anwesend sind. Aber die sagten nee nee das ging schon. Hui, haben wohl nix gehört.

Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe (Montag danach), bin ich die Seuche immer noch nicht los. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Na hoffentlich hat das trotzdem ein positives Nachspiel in Erfurt. Was für ein kranker Tagebuch-Eintrag.