03.10.2009 Zeitz, Bikerclub

Zum 19. Jahrestag der Deutschen Einheit spielen wir zum ersten Mal in Zeitz. Wir waren zwar schon mit Lucky Punch und Second Floor hier, aber noch nicht mit AC/DC-Mugge.

Aber wie fängt das alles an? Diese ganze Stadt ist eine Scheiß Umleitung! Es beginnt damit, daß die Bundesstraße reinwärts gevollsperrt ist. Man fährt seitlich über Dörfer rein. Dann ist die Zufahrt zum Zielort natürlich nicht wie geplant, und man müsste mal irgendwie mehr links. Aber SÄMTLICHE Straßen, die nach links gehen, sind wegen Baustellen gesperrt. Das kann man doch nicht machen? Wie sollen dann die Leute, die links wohnen, an Nahrung und Bier kommen? Nachdem wir erfolglos aus Zeitz hinten wieder rausgekommen sind, kurbelt der Frisör sein Taschentelefon an, welches ein Navigationssystem besitzt. Wir fahren zurück und passieren die 25 Querstraßen, die – nunmehr – rechts wegführen, in die uns das Navi auch reinschicken will, aber die ja gesperrt sind. Wir kommen wieder an den Anfang zurück. Irgendwann führen doch irgendwelche Gassen hintenrum durch die Altstadt, man muss siebzehn mal links und achtmal rechts abbiegen, dann heißt ENDLICH ein Straßenschild Stephanstraße. Nee nee nee. Ich glaube hier kommen wir nie wieder raus.

Das Domizil der Zeitzer Biker ist eins von der sehr urigen und sympathischen Sorte. Der Partykeller ist ein anständiges Kreuzgewölbe mit Platz für 50 Leute. Als Erweiterung ist außen ein kleines Festzelt angebaut, so daß wohl insgesamt 150 reinpassen würden. Im Kreuzgeölbe steht ein kleiner Bollerofen und bollert (und was macht dann ein Kachelofen? Kacheln? – Anm. d. Redaktion). Es gibt auch eine Sofa-Sitzecke. Und eine Bühne mit grünem Bewuchs. Äh Belag.
Mitten auf der Bühne ist eine Gogo-Stange montiert. Eigentlich sieht sie genau aus wie unsere Kletterstangen früher im Sportunterricht. Bemerkenswert ist, daß mein damaliger Sportlehrer, Herr Rose (so etwa im Bereich 1985 bis 1989), inzwischen mein Nachbar ist, und inzwischen verstehen wir uns gut. Er war übrigens auch der Sportleher des F. Wir spielen mal kurz 1987, der F ist Herr Rose mit der Stoppuhr und ich klettere die Stange hoch bis zur Decke (ist nicht weit).
Der Aufbau dauert etwa eine Stunde inklusive Check. Uiuiui, der Jochen ist heute ganz mies drauf. (Das wird sich im Laufe des Abends noch bessern hihi). Dafür hat zum ersten Mal seit ich mich erinnern kann der F beim Aufbau unserer eigenen Anlage reinrassig gute Laune. Böse Zungen werden vielleicht behaupten, das liegt daran, wie weit meine Erinnerungen allgemein zurückreichen, aber hier kommt bestimmt sowieso noch ne Klammerbemerkung ( Das liegt daran, wie weit deine Erinnerungen allgemein zurückreichen. Und außerdem bin ich von Natur aus ein ausgelassener Schöngeist. So. – Anm. v. F)

Am Eingangsportal des Bikerclubs prangen die Plakate der Booze Boys. Wir stehen davor und der F erinnert mich daran, daß er die ganze Grafik, mit den Flammen im Hintergrund, für die Booze Boys gebaut hat. Die standen nämlich gar nicht richtig in einem Hochofen. Das war alles der F. Mich grämt, daß er gar keinen Ruhm dafür genießt. Ich frag ihn, wieso er nicht zum Beispiel die ganzen Schriftzeichen und Zeilen in den Tätowierungen der Jungs in der Grafik umgeändert hat in „F was here“ oder so. Säh bestimmt gut aus auf Toms Bauch. Jetzt ärgert sich der F daß er darauf nicht gekommen ist.

Als Backstageraum dürfen wir den Clubraum der Bikers benutzen. Dort gibt’s lecker Semmeln und Kaffee und Biers, was wir unverzüglich vertilgen. Wir sind da ganz alleine, ab und zu kuckt jemand scheu zur Tür rein. Seltsam. Vielleicht riechen wir komisch. Weil wir so alleine sind, essen wir die ganze Zeit Semmeln und schwafeln über alte Zeiten. Wie das alte Männer so machen. Der Jochen setzt sich doch tatsächlich abseits von uns an einen anderen Tisch und macht Hausaufgaben und lernt! Der geht nämlich jetzt übrigens wieder zur Schule. Als er am ersten Schultag in seine Klasse kam, dachten die erst alle, er wäre der Lehrer. Das ist jetzt ausnahmsweise kein Witz!

Zeitz liegt nahe Gera, klar das. Und trotzdem bin ich überrascht und noch mehr als froh, daß ich etliche Leute von den Geraer Bikers wiedersehe, die ich wohl bald 10 Jahre nicht gesehen hab. Schön ist, daß alle noch genauso aussehen wie vorher. Der Hasi kommt zum Beispiel in den Clubraumbackstagebereich reingelaufen und ich brülle ihn sofort HAAAASIII an. Er kuckt sich um und ignoriert mich gar nicht. Ich brülle nochmal. Und da rasselts bei ihm und er erkennt mich. Naja, früher hatte ich immer ein Tutu an. (Das wird gesprochen Tütü, das ist ein Balletkostüm aus Tüll).
Der ruft dann auch gleich den Udo an und schlägt ihn tatsächlich breit, auch noch die Party zu besuchen. Und draußen treffe ich den Uwe. Den Uwe Starke. Den genialen Airbrusher ( „US Airbrush“, you got it?). Der hat sich auch überhaupt nicht verändert. Der sieht auch noch genauso aus, hat noch den gleichen selbst gebrushten Hundefänger, und schläft auch noch immer standardmäßig in diesem Gefährt nach entsprechender Bierverkostung. Er erzählt mir, daß er derjenige war, der die Wände des Zeitzer Konzertraumes mit Bildern beschmieren durfte.

Es ist soweit, wir versuchens mal mit Mugge. Naja es geht so. Etwas zäh ist es ja anfangs immer in einer neuen Stadt. Vorab hab ich noch die Hexe gefragt, wieviele Leute die denn so erwarten. Ich erfahre, daß nicht vorher bekannt war, daß die Booze Boys in einem Dorf unweit spielen. Und die ziehen uns natürlich einige Leute ab. Ich habe eine Idee. Wir rufen den Koppi von den Booze Boys an und machen aus, daß immer wenn wir Pause machen die Booze Boys einen Set spielen und umgekehrt. Um Überschneidungen zu vermeiden. Jetzt müssen sich die Leute nur noch zwischen den Muggen hin und her beamen.

Die erste Runde ist rum. Ja kuck ich richtig? Da sind tatsächlich zwei Mädels aus Hof da, die Gesichter kenn ich von letzte Woche ausm Greendale. Es stellt sich raus, daß der Jochen eine große Motivation war. Die eine war hochmotiviert, die andere musste fahren. Hihi. Wir muggen weiter. Es macht echt Spaß, die grinsenden Gesichter der Alt-Kumpels zu sehen! Der Uwe winkt von links mitm Bier immerzu immer zu.

Ein weiblicher AC/DC-Fan erklettert immer wieder die Bühne und versprüht Begeisterung. Später erklärt sie mir, daß sie vom Alter her meine Mutter sein könnte und verrät mir auch die Zahl, aber die lassen wir hier weg. In der letzten Runde nicke ich ihr freundlich zu in Richtung Gogo-Stange. Sie weiß nicht gleich was ich meine, aber ich deute ihr an, sie soll da hochklettern. Und sie macht tatsächlich mit! Sie klettert hoch! Bis an die Decke! (Naja ok, ich habe ganz schön von unten nachgeschoben. Whole lotta Schiebung if you know what I mean!). Was sagt man dazu! Hier weiß man wie gefeiert wird. Das ist echte Selbstaufopferung! (Zeitz ist geil! – Anm. d. Redaktion)

Am Schluss sind wir uns dann doch sehr einig, die Gäste und das Publikum. Die Musikanten und die Band. Es ist ein sehr schöner Rock’n’Roll-Abend im Bollerofen-Kreuzgewölbe.

(((Wusstet ihr eigentlich daß „Wild Frontier“ von 1987 das eindeutig beste Album von Gary Moore ist? Fällt mir nur grad ein weil ich grad alle durchgehört habe.)))

Uns bleibt zu hoffen, daß der Spaß nicht nur auf unserer Seite war, und uns bleibt die geheime Hoffnung, mal auf das große Open Air der Zeitzer Biker zu geraten. Und letztendlich haben wir nach langem Gewurschtel auch wieder aus Zeitz rausgefunden, sonst hätt ich das hier ja nicht schreiben können.

Nachtrag: Inzwischen hat der Bikerclub uns mitgeteilt, daß wir den Gästen und dem Club so gut gefallen hätten, daß sie auch unsere Musik in Zukunft tolerieren werden. Nee Scherz. Aber wir spielen vielleicht nochmal wieder in Zeitz.