02.07.2010 Gispersleben, Festzelt

Blöde Freitagsmugge. Immer wieder beschließen wir hinterher, sowas nie mehr zu machen, aber ab und zu sagen wir doch zu. Leichtsinn ist die Mutter der Porzellankiste oder wie das heißt.

Was uns unter anderem zur Zusage bewegt hat – heute macht unser Lieblingshoppel, the Godfather Of Sound, den Ton. Das Fahrzeug mit Rhythmusgruppe und Frontgesang ist zuerst unterwegs. Das Fahrzeug mit den Stargitarristen kann wegen späterem Feierabend erst später los. Wir haben schon 18 Uhr Feierabend heute und können daher pünktlich die Backline in den Kombi laden. Wir kommen irgendwann in glühender Abendhitze in Gispersleben an. Das Festzelt hat keine Hausnummer fürs Navi. Der Veranstalter sagte – ist ganz einfach. Autobahn runter und nach 500 m seht ihrs schon. Aha. Der Online-Routenplaner schlägt irgendeine Abfahrt für Ziel Gispersleben Mitte vor. Weil der Veranstalter aber auf Einfachkeit bestand gehen wir von Abfahrt Gispersleben aus und benutzen diese – entgegen Routenplaner. Infolgedessen fahren wir 30 Minuten durch kleinste Straßen in Gispersleben, lernen sehr viel vom Ort und wegen wiederholter Nachfragen drei Einwohner näher kennen, kommen aber an.
Irgendwie ist heute irgend ein Spiel im Rahmen der Fussball-WM glaub ich, oder nicht? Das interessiert mich wie eine Wasserstandsmeldung. Das Zelt ist zwar leer aber gut warm. Die Hälfte, die später Bühne und Tanzfläche bildet, ist SCHWARZ. Sowas hatte ich noch nie gesehen. Schwarze Zeltplanen. Liebe Leser, die ihr das hier irgendwann lest, erinnert ihr euch noch an den Sommer 2010? Ich meine bis zu 40 Grad im Schatten? Damals gab es noch keine Todesstrafe für Leute, die schwarze Festzelte aufstellten.
Mit langem Planungsvorlauf haben wir heute vor, einen Live-Mitschnitt anzufertigen. Bisher war das nicht nötig, weil wir alle Muggen auf Grund von Weiterempfehlung bekommen haben. Um aber auch mal ganz woanders spielen zu können, muss man dem Veranstalter dort was Hörbares auf Konserve schicken. Die Mitschneidetechnik hat Hoppel mitgebracht. Zusätzlich installieren wir eine Videokamera, entweder um vielleicht zufällig ein brauchbares Bild für potenzielle Veranstalter zu bekommen, in erster Linie aber für Analyse der eigenen Fehler.
Nachdem wir ersma ziemlich im warmen Zelt abgebaumelt haben mahnt Hoppel dann doch zum Beginn des Aufbaus der Backline. Machen wir. Im Rahmen dieses Prozesses beginnt der Friseur festzustellen, dass sich in seinem Gepäck keine Schlagzeugstöcke befinden. Shocking zunächst. (Was für eine Chaotenband. Was haben wir nicht alles schon vergessen. Bassdrum, Bass, Lichtanlage, Endstufenkabel, Auftrittsadresse, Hochzeitstag.) Schnell versuchen wir zu improvisieren. Im Umkreis von 300 m gibt es keinen Gartenzaun aus Holz. Fahrzeug B mit den Stargitarristen ist glücklicherweise noch Nähe Heimat, kommt aber leider nicht in den Proberaum. Den Schlüssel haben nur Vertrauenspersonen nämlich ich. Also ruft der Friseur alle bekannten Schlagzeuger des Saale-Holzland-Kreises an und fragt um Hilfe. Die meisten sind auch gerade beim Aufbauen auf Mugge, aber einer kann helfen und verabredet sich mit unserem Gitarristenauto vor seinem Proberaum in Stadtroda (Danke Matze!!).
Sobald das geklärt ist bauen wir weiter Backline auf und der Frisör findet im letzten seiner Beauty-Cases doch noch sein Päckchen Schlagzeugstöcke. Sch sache dadordsu nüscht. Wir blasen also alle Notaktionen ab und die Gitarren können ihre Fahrt fortsetzen. Zähneknirschend. (Danke trotzdem Matze theoretisch!!)
Bei uns wird es irgendwie immer heißer und trockener. Am Ausschank gibt es kühlen Bierersatz und die staubige Wüstenfläche vor dem Zelt wird mit Wasser gesprenkelt. Irgendwann kommt das Gitarristenpaar an. Die habens gleich gefunden. Ich bin wohl nur zu blöd.
Um einen Eindruck von der Veranstaltung zu bekommen plausche ich noch mit dem Veranstalter. Der erzählt mir, daß sie sonst Freitags keine Band, sondern nur Disko haben. Aber es waren sonst immer um 400 Leute da. Hmhm. Wir beginnen dann mal. Das Zelt ist leer. Und warm. Gaaanz zäh und langsam kommt der eine oder die andere herein. So etwa pro Grad Kelvin Bühnentemperaturänderung einer oder eine (na, damals aufgepasst in Physik?). Ein bißchen Zweifel habe ich. Wir sind nunmal keine Mainstream-Disko. Wir machen Rock’n’Roll. Vielleicht will man hier lieber die Charts hören?
Inzwischen ist die Temperatur auf der Bühne irgendwo um 45°C und auch im Publikum beginnt man aufzutauen. Der Friseur hat kaum noch was an und schwitzt wie bei Hempels unterm Sofa. Die Bühne ist so klein, daß ich nur einen Schritt nach links oder einen Schritt nach rechts machen kann. So langsam fassen sich ein paar Grinsebacken ein Herz, stehen von ihren bequemen Bierbänken auf und kommen vor zu uns. Etliche verschwitzte Gestalten sind bereit, unser Los zu teilen, und haben AC/DC in den Beinen. Plötzlich wird’s im Zuschauerraum sehr dunkel. Irgendwie ist es auch leiser, obwohl wir uns noch hören. Des Rätsels Lösung – zwei von drei Phasen der Stromversorgung sind ausgefallen. Kein Strom mehr am Bierwagen oder am Zeltlicht oder an der Beschallung. Nur noch Bühnenstrom. Eine willkommene Zwangspause. Der Hoppel schimpft. Wir trinken lauwarmes Bier und hoffen auf Lösung und Stimmung. Der Strom kommt zurück. Wir auch. Und die Leute? Siehe da, man knüpft nahtlos an, wo man aufgehört hat. Am Schluss ist doch ein ordentlicher Pulk fröhlich hüpfender Erfurter (und Zugereister jaja) vor der Bühne. Die Nachtluft bringt endlich etwas Besserung, Erfurt feiert, vor der Bühne sind zwar nach meiner Zählung keine 400 Leute, aber es macht Spaß wie immer.

Nach Ende und beidseitig fröhlicher Verabschiedung gehe ich etwas vorsichtig zum Veranstalter. Wir haben nach meiner Schätzung die Vorjahre wohl von der Besucherzahl her untertroffen. Aber was is das denn – der ist total happy! Mehr Leute als sonst dagewesen und nicht eine einzige negative Meinung! Hä? Wo waren die? Unter den Tischen? Wohl eher draußen in der Nachtluft, wennse gescheit waren.
Finale Abschluss-Sätze zum Ende und als Letztes, Schlussbemerkungen: Wir prüfen die Mitschnitte. Problematisch war der Stromausfall. Die Aufnahmen vom Ton liegen uns noch nicht vor. Die Videokamera hat glücklicherweise einen Akku, der eine Stunde für Weiterlaufen sorgt, auch nach Stromausfall. Unglücklicherweise ist der Hoppel relativ zu Beginn des Konzertes mal über das Stromkabel gestolpert. Die Kamera lief also nicht erst ab STROMAUSFALL auf Akku weiter, sondern bereits ab HOPPEL. Und eine Stunde später nicht mehr. Das hat zur Folge, daß die Aufnahme das anfangs recht leere Zelt und die überhitzte Band zeigt. Und eine lange Pause mit Stromausfall. Als die Party lief, lief die Kamera nicht mehr. Hurtz. Wieder nix.

P.S.: Macht nüscht. Hat trotzdem Spass gemacht. Wir würden dann sehr gern mal wiederkommen. Vielleicht sind die Sommer ja nicht immer ganz so warm oder die Zelte nicht immer ganz so schwarz. Wir gehen jetzt duschen, und morgen spielen wir in Aschersleben. Juhu.